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Hallo,

vor einem Monat hast du mir zum ersten Mal geschrieben. Du wolltest dich gern über meinen Sarah Kuttner Artikel austauschen. Nur zwei Tage später kam die zweite Mail, in der du deine Enttäuschung ausdrücktest, dass ich bisher nicht geantwortet hätte. (Abgesehen von vielen anderen Dingen – _2_ Tage, really?) Danach war erstmal Ruhe. Am 24. Juni tauchtest du wieder auf, versuchtest erst in meinem Blog zu kommentieren, eine Stunde später folgte eine Mail. Diese endete mit den Worten „Wie du siehst, ich lasse nicht locker, ich möchte mit dir ins Gespräch kommen[…]“. Wieder zwei Tage später deine bisher letzte Mail. Sie beginnt mit „damit du nicht denkst…ich hätte dich vergessen“. Schon allein dadran sieht mensch, wie wenig bewusst du dir deiner Position bist. Dir scheint es nicht einmal seltsam vorzukommen, eine vollkommen Fremde dermaßen zu belagern, und mit in diesem Kontext durchaus creepy Sprüchen zu bedenken.

Ich habe nun beschlossen dir öffentlich zu antworten, denn ich habe nicht vor Energie und Zeit allein auf dich zu verschwenden. Wenn ich mich schon hinsetze und etwas schreibe, dann möchte ich wenigstens, dass auch andere Personen davon profitieren. Ich werde hier auf inhaltliche Aspekte, aber auch das Drumherum eingehen. Und ich sage gleich zu Beginn, ich möchte keine Diskussion mit dir (Gründe folgen im Weiteren). Du brauchst gar nicht versuchen hier zu kommentieren. und deine Mails werde ich auf Spam stellen. Falls ich trotzdem mitbekomme, dass du mich weiterhin belagerst, werde ich mich an deinen Arbeitgeber wenden.

Deine Anspruchshaltung

Ich würde mich freuen, wenn wir uns noch ab und zu weiter austauschen würden.

Das steht in deiner erstem Mail und ist von mir aus auch legitim. Es würde dich freuen. Okay. Doch dann zwei Tage später, klingt das schon ganz anders:

ich hatte auf eine Antwort gehofft – vielleicht bin ich zu ungeduldig, aber ich befürchte eher, dass du mit derselben (meiner Meinung nach falschen) Argumentation, mit der du deine Freischaltung / Nichtfreischaltung der Kommentare zu deinem Blog begründest, auch meine Mail nicht beantwortest.

Ersteinmal unterstellst du mir Gründe für das Nicht-Antworten, die du dann auch noch gleich als falsch darstellst. Weder kommt es dir in den Sinn, dass ich in den 2 Tagen seit der ersten Mail vielleicht schlicht und ergreifend keine Lust hatte deine Mail zu beantworten (denn auch wenn du gerne ins Gespräch kommen möchtest, muss ich das noch lange nicht), oder einfach nicht die Rescourcen hatte für eine Antwort. Ich bin nämlich – das könnte jetzt überraschend kommen – nicht hauptamtlich dazu da, irgendwelchen Typen, die gerade Gesprächsbedarf verspüren, als Diskussionspartnerin zur Seite zu springen, sondern habe einen Job, mehrere Projekte, an denen ich arbeite und ein Privatleben.

Den für mich wirklich lustige Höhepunkt deiner Anspruchhaltung (und Eigeneinschätzung) war ein Satz in deinem (von mir nicht freigeschaltetem Kommentar) bezüglich meiner Kenia-Reise:

hoffe du hattest dennoch gelegenheit ueber deine und meine standpunkte gespraeche zu fuehren. schade dass du weiterhin einer direkten diskussion mit mir aus dem weg gehst.

Aber sicher doch. Deine Standpunkte habe ich alle notiert, um sie zu diskutieren. Ich habe ja sonst kein Leben. (Und statt dann einfach einzusehen, dass ich Diskussionen „aus dem Weg gehe“, lässt du zwei Mails folgen…)

Deine Haltung zusammengefasst: „Hallo, ich hier. Habe Zeit und will diskutieren. Also los diskutiere mit mir.“

„Hey, ich herrkläre dir mal was“

Einer der wesentlichen Gründe (abgesehen von vielem inhaltlichen Mist), warum ich nicht geantwortet habe, ist deine Art mich anzusprechen. Du schreibst zu mir als wäre ich ein kleines, dummes Kind, oder vielleicht einfach nur ein Mädchen*. Ich bin als Frau* diese herablassende paternalistische Art leider gewohnt, dass heißt aber nicht, dass ich sie mir auch nur ansatzweise gefallen lasse. Jemand, der mich so anschreibt, bekommt aus Prinzip keine Antwort. (Ein Prinzip, welches du sicher auch für falsch hälst, aber – Überraschung! – das ist mir absolut egal).

Mein Argumentation seit ziemlich „Ethnologen-typisch“ (Ich habe überings nicht das geringste mit Ethnologie zu tun, aber hey, das passt nicht in das Bild, welches du dir bereits von mir gemacht hast), sie sei „welt- und realitätsfern“. Du schreibst, dann dass du dir das alles als „linker Politik-Student“ (damals) auch nicht so kompliziert vorgestellt hättest, und implizierst damit „Ich war auch mal so verblendet wie du, aber komm ich erklär dir mal die richtige Welt.“.Dann fragst du mich, ob ich denn schon jemals mit „Afrikanern über a) Homosexualität und b) Laizismus diskutiert“, und drückst damit aus, dass du dir eigentlich nicht vorstellen kannst, dass ich irgendwelche für dich relevanten Erfahrungen habe. In einer späteren Mail fragst du dann nochmal nach in Bezug auf Kenia: „Oder hast du vielleicht gar, wie von mir vorgeschlagen, über Themen wie Homosexualität und Atheismus mit Afrikanern diskutiert?“ Immernoch tust du so, als wäre ich noch nie in Afrika gewesen, hätte mich nie mit Afrikaner_innen unterhalten und bräuchte nur diese Perspektive, um dir, wo du doch so viel mehr Wissen hast, beizupflichten.

Am Ende deiner ersten Mail gibst du noch zu, dass deine Mail ja von „stereotypen Vorurteilen über Ethnologen in Fhain“ strotze. Ja, WTF. Du wunderst dich wirklich, dass ich nicht geantwortet habe?

Ich und viele andere nennen deine Herangehensweise herrklären (vom Englischen „mansplaining“): (meistens weißer) Mann kommt des Weges und erklärt die Welt, wie er sie sieht. Und ehrlich, davon hatte die Welt in den letzten Jahrtausenden um einiges zu viel.

Die inhaltliche „Diskussion“

Du fängst tatsächlich an in der ersten Mail mir deine „field credibility“ [sic!] darzustellen. Und du endest die Mail „mit  Blick von meiner Terasse auf das heart of darkness“. Ja. Und dazwischen soll ich deine Ausführungen über Rassismus so ernst nehmen, dass ich Zeit in eine Antwort investiere?

Der Auslöser deiner ersten Mail war mein Text zu Sarah Kuttner. Dort schrieb ich über einen rassistischen Vorfall in Deutschland, rassistische Sprache in diesem Zusammenhang und das Medienecho. Dir geht es aber eigentlich um etwas ganz anderes, du betreibst klassisches Derailing. Meine Schlussfolgerungen bezeichnest du als „schlicht falsch“, um dann zu deinem Thema umzuschwenken mit dem vielsagenden Satz „So, und nun mal konkret“. Du willst mir eigentlich erzählen von Afrika. Da kennst du dich aus und hast ja vieles erlebt. So teilst du mir mit:

Der schlimmste Rassismus ist mir IN Afrika unter Afrikanern begenet […]

Weiter belehrst du mich, über deine Erkenntnis,

dass ethnisch motivierter Rassismus keine europïasche/weisse Erfindung ist.

Auch darf ich die traurigen Geschichten lesen, dass dir in einem afrikanischen Land (du schreibst konkret welches, ich lasse das hier aber aus Annonymitätsgründen unbestimmt) salutiert wird. Obwohl du mehrfach gesagt hast, dass du das nicht möchtest. Und dein Koch spricht dich immer mit „Patron“. Du willst das alles ja auch nicht. Aber „reality check. Das muss manchmal sein.“

Ich freue mich aber wirklich sehr, dass du afrikanischen Kindern, die weißen „Toubab“, „Mzungu“ oder „Ferenchi“ hinterherrufen, keinen Rassismus unterstellen möchtest. Wie absolut gütig. Bei Erwachsenen komme es auch auf den Kontext drauf an. All diese Textstellen und Beispiel zeigen mir, dass deine Wissenslücken nicht in Detailfragen sind, sondern in den Grundlagen. Wer überhaupt diskutiert, wann etwas rassistisch gegenüber weißen sein kann, der hat das Konzept von Rassismus kaum verstanden. Auch wirfst du einfach eine Unzahl von Diskursen in einen Topf. Wo ich da wirklich anfangen sollte mit dir zu diskutieren, ist mir schleierhaft.

Aus diesem Grund, deinem mangelnden Respekt mir gegenüber und deine Anspruchshaltung habe ich bisher nicht geantwortet. Jetzt habe ich unglaubliche 3,5 Stunden in diese Antwort gesteckt. Mehr Zeit wirst du mir nicht nehmen. Lieber stecke ich diese in Blogeinträge, meine Arbeit, oder treffe mich mal wieder mit Freund_innen.

P.S.: Genauso wenig will ich verstehen, was genau ein Gespräch über Homosexualität mit dem Thema zu tun hat. Aber ich will dich beruhigen, ich habe mich bereits mit vielen Menschen (auf verschiedenen Kontinenten) über das Thema unterhalten. Überall gibt es vehemente Gegner_innen. Aber, und das wird jetzt vll. dich überraschen, auch in Afrika kann mensch sich mit Personen unterhalten, die sich anders positionieren. In Kenia z.B. GALCK, die sich für die Rechte von LGBTI einsetzen.

4 Kommentare zu “Öffentliche Antwort: An einen, der „nicht locker lässt“

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  2. Pingback: Trollen, Mobbing, Stalking – feministisches Bloggen im Jahre 2012 « High on Clichés

  3. Danke dafür, dass du diesen Brief öffentlich gestellt hast! Ich denke, er kann vielen Frauen*, die sich oft mit Denk- und Argumentationsmustern ähnlich des Menschens „der nicht locker lässt“ auseinandersetzen müssen helfen und manchen, so wie mir, nochmal das Bewusstsein und die Stärke geben, eben Standpunkte klar und deutlich zu erklären und sich nicht einschüchtern zu lassen.

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